Februar 2023
Die Themen in unserem aktuellen Newsletter sind: „Reform der privaten Altersversorgung: „Bürgerrente“ des GDV“, „Rechtsprechung: BGH-Entscheidung zum Widerspruchsrecht eines Arbeitnehmers in der betrieblichen Altersversorgung“, „Rechengrößen in der Sozialversicherung 2023“ und „Stabile Entwicklung des EPF“.
Inhaltsverzeichnis
- Reform der privaten Altersversorgung: „Bürgerrente“ des GDV
- Rechtsprechung: BGH-Entscheidung zum Widerspruchsrecht eines Arbeitnehmers in der betrieblichen Altersversorgung
- Rechengrößen in der Sozialversicherung 2023
- Stabile Entwicklung des EPF
„Bürgerrente“ – ein neuer Reformansatz der Altersversorgung
Die jüngsten Zahlen zur Riester-Rente als staatlich geförderte Altersversorgung haben noch einmal die Lücken und Unzulänglichkeiten in der privaten Altersvorsorge vor Augen geführt: 60 % weniger Neuverträge, mehr als ein Viertel aller Verträge werden überhaupt nicht bespart, die Bestände sinken insgesamt und etliche Anbieter haben sich ganz zurückgezogen.
Eine von der Regierungskoalition eingesetzte Fokusgruppe ist daher beauftragt, zum einen die mögliche Einführung eines öffentlich verwalteten Vorsorgefonds zu prüfen, und zum anderen die Anerkennung und Förderung möglicher neuer Anlageprodukte. Pünktlich zum Arbeitsbeginn dieser Fokusgruppe hat nun der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) einen eigenen Vorschlag unter dem Titel „Bürgerrente“ veröffentlicht.
Die Bürgerrente soll dabei als standardisiertes Altersvorsorgeprodukt mit unbürokratischer Förderung die Riester-Rente ablösen. Kernpunkte des Konzeptes sind eine abgesenkte Garantie, um mehr Renditechancen nutzen zu können. Die staatliche Förderung soll einfacher und verständlicher werden: Für jeden Euro Einzahlung soll es 50 Cent staatliche Förderung geben, die Fördergrenze bei 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung liegen. Das würde zurzeit einem maximalen Eigenanteil von 3.504 Euro im Jahr entsprechen, der Zuschuss läge in dem Fall bei 1.752 Euro. Die Beiträge sollen steuerfrei bleiben, die Leistungen der nachgelagerten Besteuerung unterliegen. Schließlich soll der Kreis der Förderberechtigten erweitert werden, und zudem ein standardisiertes Produkt für schlanke Prozesse und kostengünstige Produkte sorgen.
Ob sich die Versicherungswirtschaft damit durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Das Misstrauen der Politik nach über 20 gescheiterten Riester-Jahren sitzt tief. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) jedenfalls sieht einen öffentlich verantworteten Vorsorgefonds privaten Angeboten als klar überlegen an. Und der Fondsverband BVI spricht sich für ein gefördertes Depot für Fondssparpläne zur Altersvorsorge aus. Der große Wurf wird also noch etwas auf sich warten lassen.
Fazit: Auch der x-te Reformansatz wird nicht verbergen können, dass die deutsche Politik beim Thema Altersversorgung versagt hat. Deutschland hat über 20 Jahre Ansparzeit in funktionierende Absicherungsinstrumente verloren; deren Kennzeichen sind: Einfachheit, Flexibilität in der Anspar- und Auszahlungsphase, Kostenarmut, Renditestärke. Die betriebliche Altersversorgung kann diese gesellschaftliche Fehlentwicklung nicht ausgleichen, aber bei entsprechender Dotierung den betreffenden Arbeitnehmer:innen eine auskömmliche Perspektive bieten.
Rechtsprechung: BGH-Entscheidung zum Widerspruchsrecht eines Arbeitnehmers in der betrieblichen Altersversorgung
Der BGH hat in einem inzwischen veröffentlichten Beschluss vom 4. Mai 2022 (IV ZR 201/20) die lange Zeit kontrovers diskutierte Frage entschieden, ob einem Beschäftigten ein Widerspruchsrecht bei einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Lebensversicherung zusteht. Der BGH hat dies verneint, da es mit dem Versorgungszweck der betrieblichen Altersversorgung unvereinbar ist.
Dem Streit lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers hatte für diesen im Rahmen eines Gruppenversicherungs-Vertrages in den Jahren 1999 und 2006 insgesamt drei Rentenversicherungs-Verträge in Form einer Direktversicherung abgeschlossen. Der Kläger war als seinerzeit Beschäftigter die versicherte Person und finanzierte die Verträge durch Entgeltumwandlung. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses im Jahr 2010 führte der Kläger die drei Verträge selbst als Versicherungsnehmer beitragsfrei fort. Im Jahr 2012 kündigte der Kläger die drei Versicherungsverträge, die Versicherung zahlte infolgedessen die Rückkaufswerte an ihn aus. 2017 erklärte er dann den Widerspruch gegen das Zustandekommen aller Verträge und verlangte die Auszahlung aller Beiträge zuzüglich erzielter Überschüsse und abzüglich der bereits ausgezahlten Rückkaufswerte. Er begründete dies damit, dass die Widerspruchsbelehrungen des Versicherers bei Vertragsabschluss in jedem Fall unzureichend gewesen seien. Er sei zwar anfangs nicht der Versicherungsnehmer gewesen, gleichwohl stehe ihm ein Widerspruchsrecht zu, da er die Verträge als zu versichernde Person in den Anträgen selbst unterzeichnet habe. Im Übrigen hätte er nach Übernahme der Verträge im Jahr 2010 erneut über ein Widerspruchsrecht belehrt werden müssen. Auch dies sei nicht geschehen. Der Kläger forderte daher eine Rückabwicklung der drei Policen.
Dem Ansinnen des Klägers erteilte der BGH eine klare Absage. Denn die Übertragung eines Widerrufsrechts durch das Unternehmen auf den Beschäftigten sei mit dem Versorgungszweck einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Lebensversicherung immer dann unvereinbar, wenn der Vertrag durch das gesetzliche Verbot einer Abtretung oder Beleihung durch den Arbeitnehmer abgesichert werde. Der BGH wies dabei darauf hin, dass durch derartige Verfügungsbeschränkungen die bestehenden Anwartschaften für den Versorgungszweck erhalten bleiben sollen. Damit habe der Gesetzgeber verhindern wollen, dass ein Mitarbeiter den Anspruch auflöst und für andere Zwecke verwendet.
Hinweis: Alle Leistungspläne des EPF sehen eine entsprechende Verfügungsbeschränkung vor, so dass Streitigkeiten wie die beschriebene von vornherein ausgeschlossen sind.
Anpassung der Rechengrößen in der Sozialversicherung 2023
(in Ergänzung zu den bereits im Newsletter 11/2022 kommunizierten Werten)
Die zum 1.1.2023 angepassten Rechengrößen in der Sozialversicherung lauten wie folgt: Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (BBG-RV) erhöht sich von 7.050 Euro/Monat auf 7.300 Euro/Monat (Ost: von 6.750 Euro/Monat auf 7.100 Euro/Monat). Mit dieser Anhebung wurde die erstmalige Senkung der BBG-RV im Jahr 2022 überkompensiert, die Rechengrößen sind für viele Fördergrenzen in der betrieblichen Altersversorgung maßgeblich.
Die bundesweit einheitliche Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt auf 66.600 Euro/Jahr, die ebenfalls bundesweit einheitliche Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2022 in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt auf 59.850 Euro/Jahr (2022: 58.050 Euro/Jahr) bzw. 4.987,50 Euro/Monat. Die Anpassungen beruhen auf der Lohnentwicklung des Jahres 2021 in Höhe von 3,30 Prozent (West) bzw. 3,31 Prozent (Ost), die Versicherungsgrenze legt fest, bis zu welchem Einkommen Arbeitnehmer:innen in Deutschland an der staatlich organisierten Krankenversicherung teilnehmen bzw. ab welchem Einkommen sie sich privat krankenversichern können.
Stabile Entwicklung des EPF
Der vom EPF verfolgte Ansatz, die gesetzlichen Möglichkeiten einer Unterstützungskasse für eine attraktive Alters- und Risikoabsicherung von Beschäftigten zu nutzen, schlägt sich in der hohen und kontinuierlich wachsenden Akzeptanz des EPF bei Unternehmen und ihren Beschäftigten nieder. So wuchs der Mitgliederbestand im Jahr 2021 deutlich und erweiterte sich um 120 neue Trägerunternehmen. Der EPF sichert damit derzeit gut 81.000 Begünstigte in Deutschland ab. Das aktuell angestrebte Altersrentenniveau beträgt dabei über den ganzen Bestand gesehen garantiert (also ohne noch zusätzlich mögliche Überschüsse) 400,– Euro/Monatbrutto. Das ist ein starkes Benefit für alle teilnehmenden Begünstigten – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass es sich hierbei fast ausschließlich um rein vom Arbeitgeber finanzierte Versorgungen handelt.